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Vertragspreise im Bauvertrag

Bauverträge, mit denen Verbraucher ihr Einfamilienhaus errichten, werden fast immer vom Bauunternehmer gestellt. Verwendet wird ein Vordruck, der dann nur noch ergänzt wird.

Schon in der Werbung, später dann als Überschrift über dem Vertrag finden sich dann Begriffe, die nicht nur für den Bauherren sondern mitunter auch für den Juristen nur schwer verständlich sind. So ist immer wieder von „Festpreisverträgen“, „Festpreisgarantien“ oder, noch allgemeiner, von „schlüsselfertigen“ Verträgen die Rede. Was diese Überschriften bedeuten, wird häufig auch dann nicht verständlich, wenn man das Kleingedruckte liest.

Im Folgenden wird dargestellt, welche Bauvertragstypen tatsächlich in rechtlicher Hinsicht existieren und was sie bedeuten. Es gibt vier Bauvertragsformen, wovon nur drei, nämlich der Einheitspreisvertrag, der Pauschalpreisvertrag und der Stundenlohnvertrag gängig sind. Der vierte Typus, der sogenannte „Selbstkostenerstattungsvertrag“ ist in der Praxis kaum anzutreffen. Bei diesem wird ebenfalls ein werkvertraglicher Erfolg geschuldet, bezahlt wird aber nach Selbstkosten (Aufwand) des Auftragnehmers zuzüglich definierter Zuschläge für Wagnis und Gewinn. Der tatsächliche Aufwand wird also vom Auftragnehmer offen gelegt und prozentual beaufschlagt.

Der Festpreisvertrag ist dagegen kein Vertragstyp und dem BGB- wie dem Werkvertragsrecht unter Verwendung der Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B) an sich unbekannt. Dies kann verwundern, denn Festpreisverträge findet man als Überschrift in vielen Vertragsmustern. Im Einzelfall ist daher sorgfältig zu prüfen, welches Ziel mit der „Festpreisabrede" verfolgt werden soll. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Einheitspreise, Pauschalpreise und Stundenlohnverträge allesamt Festpreise beinhalten. Eines besonderen Hinweises oder einer weiteren Vereinbarung bedarf es nicht.

Wollen die Parteien daher nicht nur Werbung betreiben, sondern ein „wirkliches" Ziel mit dem Festpreis verfolgen, muss dies zum Ausdruck gebracht werden. Zwar kann man bei der Vereinbarung eines Festpreises in der Regel davon ausgehen, dass Preisanpassungsklauseln (i.S.v. Lohn- und Materialgleitklauseln) außer Betracht bleiben sollen. Sie widersprechen nämlich dem Wesen des Festpreises. Allerdings können nicht ohne weiteres die allgemeinen Preisänderungsmöglichkeiten des § 2 VOB/B ausgeschlossen werden. Häufig wird der Begriff „Festpreis" nach dem Willen der Parteien die Bedeutung eines „Pauschalpreises" haben. Deshalb soll hier der Pauschalpreisvertrag hier etwas eingehender angesprochen werden. Beim Pauschalpreisvertrag wird die gesamte Bauleistung mit einer pauschalen Geldleistung vergütet. Hierdurch sind grundsätzlich alle Einzelleistungen abgegolten, die zur Herstellung der vereinbarten Leistung gehören und erforderlich sind. Der Pauschalpreis soll — nach dem Willen der Vertragsparteien — grundsätzlich unabhängig von den tatsächlich erbrachten Leistungen gelten. Inhalt, Art und Umfang des Pauschalpreisvertrages hängen jedoch stets davon ab, inwieweit die dem Pauschalpreis zugrunde liegenden Leistungen im Einzelnen beschrieben sind.

Ein Pauschalpreisvertrag ist nicht automatisch schon dann gegeben, wenn der Auftrag zunächst nach Einheitspreisen und Mengen aufgeschlüsselt ist und bei der Addition der Positionssummen lediglich nach oben oder unten abgerundet worden ist. Hier handelt es sich nach dem Willen der Parteien nach wie vor um einen Einheitspreisvertrag, wobei lediglich ein Rabatt eingeräumt worden ist.

Eine formularmäßige Klausel, also eine Allgemeine Geschäftsbedingung, wonach der vereinbarte Pauschalpreis Nachforderungen jeglicher Art ausschließt, ist unwirksam, weil damit z. B. auch berechtigte Nachforderungen für Zusatz- und Änderungsleistungen ausgeschlossen werden.

Zu Schwierigkeiten kommt es immer dann in der Baupraxis, wenn sich die bei Abschluss des Pauschalvertrages angenommenen Bauleistungen ändern. In Betracht kommen insbesondere folgende Fallgestaltungen:

  • Mengenänderungen bei einzelnen Positionen des dem Pauschalvertrag zugrunde liegenden Leistungsverzeichnisses
  • Wegfall ganzer Leistungen (Positionen)
  • Zusätzliche Bauleistungen

Solche Probleme werden im Rahmen der Rubrik „Nachträge" darzustellen sein. Der Grundsatz sei jedoch bereits hier dargestellt:

Es ist von der Unabänderlichkeit des einmal vereinbarten Pauschalpreises auszugehen. Beim Pauschalpreisvertrag gehen beide Vertragspartner bewusst Risiken bezüglich der Erfassung des Umfangs der Bauleistung ein:

Der Auftraggeber übernimmt das Risiko von Minderleistungen des Auftragnehmers, dieser das Risiko von Mehrleistungen. Leistung und Preis werden von den Vertragsparteien bewusst pauschaliert. Der Unternehmer trägt auch das Risiko von Materialpreiszuschlägen, Lohnsteigerungen und Erhöhungen öffentlicher Lasten, Steuern und Versicherungsbeiträgen. Etwas anderes kann nur gelten, wenn die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Betracht kommen, worauf ebenfalls später im Rahmen des Kapitels „Nachträge“ zurückzukommen sein wird.

Grundsätzlich gibt es zwei Formen von Pauschalverträgen, nämlich den Globalpauschalvertrag und den Detail-Pauschalvertrag. Zwischen diesen beiden Formen kann es allerdings auch zu Vermischungen kommen.

Beim Globalpauschalvertrag steht das Leistungsziel im Vordergrund. Die Leistungsbeschreibung des Auftraggebers erfolgt erkennbar und gewollt unvollständig sowie lückenhaft, so dass dem Auftragnehmer Spielräume zur Vervollständigung der Leistungsbeschreibung eingeräumt werden, um das vereinbarte Leistungsziel (oft ein „schlüsselfertiges" oder „vollfunktionsfähiges" Bauwerk) zu erreichen. Die Leistung wird vom Auftraggeber also nicht detailliert, sondern nur global beschrieben. Beim Detail-Pauschalvertrag legt der Auftraggeber grundsätzlich ein Leistungsverzeichnis oder andere Vertragsunterlagen, z. B. Zeichnungen, vor, so dass der Umfang der geschuldeten Leistung beschrieben wird. Zu einem Pauschalvertrag wird der Vertrag dadurch, dass die Parteien eine „runde" Summe bilden. Später geforderte oder notwendige Zusatzarbeiten können aufgrund des dem Vertrag zugrunde liegenden Leistungsverzeichnisses daher einfacher festgestellt werden.

In Generalunternehmerverträgen gibt es häufig „Komplettheitsklauseln" in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Sie haben häufig eine Formulierung, die der folgenden ähnlich ist: „Der Auftragnehmer erkennt an, dass in dem Pauschalpreisvertrag auch alle Arbeiten enthalten sind, die nicht ausdrücklich in der Leistungsbeschreibung genannt sind, jedoch dem Richtmaß der Baukunst entsprechen und sich während der Bauzeit als notwendig erweisen, damit das Werk vollständig nach den anerkannten Regeln der Baukunst fertig gestellt werden kann."

Ob diese Klauseln den AGB-rechtlichen Vorschriften standhalten, ist zweifelhaft. Denn hier wird das Risiko einer fehlerhaften und/oder unvollständigen Leistungsbeschreibung einseitig auf den Auftragnehmer abgewälzt.

Die Wirksamkeit hängt von dem jeweiligen Typ des Pauschalpreisvertrages ab. Wird ein Global-Pauschalvertrag abgeschlossen, ist eine entsprechende Komplettheitsklausel als zulässig anzusehen, weil der Auftragnehmer hier aufgrund der globalen (und damit erkennbar lückenhaften und unvollständigen) Ausschreibung das Risiko der möglichen Vervollständigung der in der Leistungsbeschreibung erfassten Bauleistung bewusst übernimmt. Etwas anderes hat für den Detail-Pauschalvertrag zu gelten. Hier kann dem Auftragnehmer im Hinblick auf die detailliert beschriebene Leistung das Risiko, zusätzliche (möglicherweise notwendige oder sinnvolle) Leistungen ohne Vergütung zu erbringen, nicht durch eine solche Klausel überbürdet werden. Sie ist daher als unwirksam anzusehen.

Steht im Streit, ob eine Leistung vom vereinbarten Pauschalpreis umfasst ist oder eine Zusatzleistung darstellt, trägt der Bauunternehmer die Darlegungs- und Beweislast für seinen Vortrag, dass es sich bei der streitigen Leistung um eine vom Pauschalpreis nicht umfasste, sondern gesondert zu vergütende Bauleistung handelt. Dabei gilt jedoch nach der Rechtsprechung die Vermutung, dass alle nicht vorher festgelegten Leistungen im Einzelfall nicht mit dem Pauschalpreis abgegolten sind.

Wird ein Pauschalpreisvertrag gekündigt, hat auf jeden Fall eine Abnahme stattzufinden. Um die Rechte zu wahren, muss jeder Auftragnehmer bei einer Kündigung durch den Auftraggeber diesen also zur Abnahme auffordern. Ferner ist der Auftraggeber aufzufordern, mit dem Auftragnehmer ein gemeinsames Aufmaß zu nehmen. Je nach Umfang des Bauvorhabens und der erbrachten Leistungen muss eine angemessene Frist gesetzt werden. In der Regel reicht eine Frist von 2 Wochen aus, in der der Auftraggeber die Abnahmebegehung und das gemeinsame Aufmaß vorzunehmen hat. Abnahme und Aufmaß sind deshalb so wichtig, weil der Auftraggeber in der Regel nach einer Kündigung einen Drittunternehmer beauftragt, der die Leistungen abschließt bzw. überbaut. Dann können die Leistungen des Auftragnehmers jedoch nicht mehr nachvollzogen werden.

Die Abrechnung gestaltet sich schwieriger als häufig vermutet wird.

Zunächst sind die erbrachten Leistungen festzustellen und von den nicht erbrachten Leistungen abzugrenzen. Dies ist, falls dem Vertrag ein Leistungsverzeichnis zugrunde liegt, relativ einfach darzustellen.

Um den Wert der erbrachten und nicht erbrachten Leistungen zu ermitteln, muss anhand der Urkalkulation jede erbrachte und nicht erbrachte (Teil-)Leistung bewertet werden. Es ist also darzulegen, wie der Auftragnehmer bei Vertragsschluss kalkuliert hat. Letztendlich sind für alle vertraglich vereinbarten Leistungen Einheitspreise zu bilden. Da in der Regel die Pauschalsumme geringer ist als die Summe der Einheitspreise, ist der prozentuale Abschlag, der als Folge der Pauschalsumme vereinbart wurde, auch bei der Bewertung der Leistungen zu berücksichtigen.

Beispiel:

Die Addition der Einheitspreise ergibt eine Summe von 11.000,00 EUR, geeinigt haben sich die Parteien letztendlich auf eine Pauschale von 10.000,00. EUR. Damit erfolgte eine Reduzierung um 10 %. Werden jetzt die Einzelleistungen bewertet anhand des Angebotes in Höhe von 11.000,00 EUR, so kann diese Reduzierung von 10 % nicht unberücksichtigt bleiben und muss bei jeder Einzelposition abzogen werden. Es ist dann jede Position durch 1,10 zu teilen.

Sofern es beim Auftragnehmer bei Vertragsschluss keine Urkalkulation gab, er also seine Preise lediglich grob geschätzt hat, ist es zulässig, nachträglich eine Urkalkulation zu erstellen. Diese muss aber selbstverständlich realistische Preise enthalten. Stehen die, im Beispielsfall um 1,10 reduzierten Preise für die Einzelpositionen fest, so können die erbrachten und nicht erbrachten Leistungen beziffert werden. Für die erbrachten Leistungen steht dem Unternehmer ein Werklohnanspruch zu. Falls der Auftraggeber berechtigt gekündigt hat, verbleibt es dabei. Falls er unberechtigt gekündigt hat oder von seinem ihm jederzeit zustehenden freien Kündigungsrecht Gebrauch gemacht hat, steht dem Auftragnehmer auch noch ein reduzierter Werklohn, insbesondere der entgangene Gewinn zu. Mehr noch: Der Auftragnehmer erhält in diesem Fall sogar den gesamten Werklohn, muss nur eine ersparten Aufwendungen in Abzug bringen.